SZ – Elektrische Triebwerke für Sateliten

Lutz May Starnberger Start-up Tomorrow's Motion mit Modell für elektrischen Satellitenantrieb im Weltraum testen

Foto: Franz Xaver Fuchs

Mit alternativen Antrieben beschäftigt sich die Tomorrow’s Motion GmbH in Starnberg. Gegründet wurde sie von Lutz May, der mittlerweile 350 Patente besitzt.

Dieses Start-up will den Verkehr im Weltraum revolutionieren

Die Starnberger Firma Tomorrow’s Motion glaubt einen nachhaltigen Weg gefunden zu haben, um Satelliten ganz ohne fossile Treibstoffe durch den Weltraum zu steuern. Schon in den nächsten zwei Jahren möchte Geschäftsführer Lutz May den elektrischen Satellitenantrieb im Weltraum testen.

Von Amelie Kaiser, Starnberg

Nachhaltigkeit ist heutzutage aus kaum einem Lebensbereich mehr wegzudenken. Allseits wird davon gesprochen, auch in der Forschung. Das Starnberger Start-up Tomorrow’s Motion hat sich ebenfalls die Frage mit der Nachhaltigkeit gestellt und dabei einen Antrieb für Satelliten entwickelt, der völlig elektrisch ist, keinerlei fossilen Treibstoff benötigt und – nach eigener Aussage – auf diese Weise nachhaltige Mobilität ermöglicht.

Das Start-up wurde 2019 von Lutz May in Starnberg gegründet und ist ein Forschungs- und Entwicklungsunternehmen für Antriebstechnologien. Laut Geschäftsführer May ist Tomorrow’s Motion bislang das einzige Unternehmen, das an einem komplett elektrischen Antrieb für Satelliten ohne bewegliche Motorteile arbeitet. „So einen Antrieb wie wir ihn haben, haben wir nirgendwo gesehen“, sagt May. Der Geschäftsführer trägt eine dunkelblaue Kappe mit der Aufschrift „TOMO“. Er passt nicht in das Stereotyp eines chaotischen Tüftlers. Im Gegenteil: Mit großer Leidenschaft spricht er langsam und überlegt von seiner Erfindung.

In den Räumen der Firma ist es eng: Im Hauptzimmer steht ein langer Besprechungstisch, die Wand hängt voller Patent-Urkunden und – direkt im Eingangsbereich – steht die Antriebserfindung. Sie sieht kompliziert aus: zwei schwarze Drahtspulen, eine grüne Leiterplatte, Energiespeicher in Form von Batterien und ein paar Verbindungskabel hängen an einer Metallleiste. Das ungeschulte Auge erkennt auf den ersten Blick wohl nicht, dass es sich dabei um ein Antriebssystem handelt. Optisch erinnern die sogenannten Luftspulen an Hula-Hoop-Reifen. In den vergangenen fünf Jahren haben Geschäftsführer Lutz May und sein vierköpfiges Team an der Antriebstechnologie getüftelt, die sie heute den „Tomo-Antrieb“ nennen. Eine weitere Bezeichnung für die Technologie ist der „GMP-Antrieb“, was für „Generic Magnetic Propulsion“ steht.

Auf die Idee für den vollelektrischen Satellitenantrieb kam May bereits während seines Physik- und Elektronikstudiums. Damals fehlten ihm aber noch finanzielle Mittel, Zeit und effiziente Energiespeicher, um die Idee umzusetzen. May denkt groß. Er beschreibt die Entwicklung als „revolutionär“, sie habe das Potenzial, herkömmliche Satellitenantriebe zu verdrängen. Warum? Der Tomo-Antrieb wandelt elektrische Energie in Vortrieb um. Er läuft ohne bewegliche Triebwerksteile wie beispielsweise rotierende Achsen oder Räder, das macht ihn wartungsfrei. Außerdem benötigt er lediglich elektrischen Strom und keinerlei fossilen Treibstoff, das macht ihn langlebig.

Foto: Franz Xaver Fuchs

Entwicklungsleiter Christian Leitoch setzt den Prototyp für die Vorführung des Antriebs in ein Wasserbecken.

Ein herkömmliches Ionen-Triebwerk für die Fortbewegung von Raumfahrzeugen unterscheidet sich von der Starnberger Erfindung: Der Tomo-Antrieb sei allein zehn bis 20 Prozent kosteneffizienter in der Herstellung, sagt May. Außerdem benötigt ein Ionen-Triebwerk Gas. Der Tomo-Antrieb hingegen braucht weder Benzin noch Gas oder Edelgas, nur elektrische Energie. Das ermöglicht eine nahezu unbegrenzte Nutzungsdauer, da kein Treibstoff nachgefüllt werden muss. Dementsprechend könnten durch den Tomo-Antrieb Satellitenabstürze und damit die Freisetzung von Giftstoffen vermieden werden, schildert May. Ein herkömmlich betriebener Satellit werde nach dem Aufbrauchen des Treibstoffs zu Schrott, erklärt er. Der voll elektrische Tomo-Antrieb produziere keinen Abfall oder Verschleiß. Das reduziere die Umweltbelastung, erklärt der Geschäftsführer. Tomorrow’s Motion bezeichnet die Entwicklung folglich als „umweltbewusste Alternative zu herkömmlichen Antriebstechnologien“.

Theoretisch können Autos mit dem Antrieb fliegen

Einsetzen kann man den Tomo-Antrieb prinzipiell überall, wo Schubkraft benötigt wird. Die patentierte Technologie kann heute auch schon verwendet werden, sofern wenig Schubkraft erforderlich ist. Außerdem bestimmt die Größe der Luftspulen, wie viel Antriebs-kraft entsteht. Sie können die Größe eines Mobiltelefons, aber auch eines Schulbusses haben. Bisher können durch die Technologie der Tomorrow’s Motion GmbH Objekte angetrieben werden, die zwei bis drei Kilogramm wiegen. So könnten beispielsweise schwimmende Überwachungs- und Messfahrzeuge durch den Antrieb bewegt werden, schildert May. Theoretisch könnten durch den Tomo-Antrieb sogar Autos fliegen. Diese wiegen allerdings bis zu zwei Tonnen, deshalb werde das vermutlich noch lange dauern, schätzt May.

Das klingt alles sehr theoretisch, wie sieht es also in der Praxis aus? May führt den Antrieb vor: Konzentriert blickt er auf das Dashboard seines Bildschirms, um den korrekten Befehl für den Antrieb auszuführen. Mit einem Mausklick fängt das Konstrukt samt Spulen, Batterien und Kabeln an, sich zu drehen. Der Tomo-Antrieb erzeuge künstliche Magnetfelder, sagt May. Diese interagieren dann mit dem Erdmagnetfeld. Wechselt May den Befehl, fängt das Konstrukt an zu schwingen. Auch auf Wasser führt May den Antrieb anhand eines Prototyps, der optisch an einen Katamaran erinnert, vor. In ein kleines Wasserbecken platzieren May und Entwicklungsleiter Christian Leitoch den Prototyp, auf dem der Antrieb montiert ist. Keine Schiffsschraube, kein Steuerruder, nur ein paar Klicks am Bildschirm und der Katamaran setzt sich in Bewegung. Ohne sich drehen oder wenden zu müssen, bewegt sich das Objekt mit einem leisen Surren nach vorn, nach hinten und zur Seite.

Foto: Franz Xaver Fuchs

Im Wasserbecken führen die Mitarbeiter der Tomorrow’s Motion GmbH den Antrieb anhand eines Prototyps vor.

„Mit dieser Antriebstechnologie haben wir absolutes Neuland betreten“, sagt May. Daher gebe es auch Skeptiker, die nicht glauben, dass der Tomo-Antrieb im Weltraum überhaupt funktionieren kann. „Wenn es funktionieren würde, hätte es schon jemand erfunden“, mussten sich May und sein Team vielfach anhören. Inzwischen haben aber erste Kunden Interesse an dem Antrieb angemeldet: Es sollen zwei große Player in der deutschen Satellitenbranche sein. Wer sie genau sind, verrät May bislang nicht.

Finanziert wird Tomorrow’s Motion derzeit rein privat. Staatliche Förderung wäre extrem wichtig, sagt May, ein Antrag sei aber mit hohem bürokratischem Aufwand verbunden. Die Firma hat deshalb eine Investitionsmöglichkeit aufgelegt: Jeder kann mit einem Startbetrag von 100 Euro die Weiterentwicklung des Antriebs unterstützen. In zehn Jahren soll der Umsatz bei 50 bis 80 Millionen Euro liegen. Selbst herstellen will Tomorrow’s Motion die Antriebe nicht. Für ihren Geschäftsplan möchte die Firma Nachbaulizenzen an Hersteller vergeben. May und sein Team sind ausschließlich auf die Entwicklung des Antriebs spezialisiert.

Vorerst ist die Starnberger Firma mit dem Tomo-Antrieb und der Weiterentwicklung der nachhaltigen Technologie voll ausgelastet. In den nächsten zwei Jahren möchte das Start-up die Entwicklungsarbeiten abschließen und den Antrieb an fliegenden Objekten im Weltraum testen, zum Beispiel an HAP-Satelliten. Dabei handelt es sich um Ballons, die für Telekommunikation eingesetzt werden. Sie ruhen auf der obersten Schicht der Atmosphäre und drehen sich mit der Erde. Damit möchte die Tomorrow’s Motion GmbH ihre Skeptiker vom Gegenteil überzeugen. „Unser primärer Fokus liegt darauf zu beweisen, dass diese Technologie auch im erdnahen Weltraum funktioniert“, so May.

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Tomorrow’s Motion vermeidet Kollisionen im All

Satelliten im Weltraum Tomorrow's Motion vermeidet Kollisionen im All

Bildinfo: Aktive Satelliten und Weltraumschrott

In den Umlaufbahnen um die Erde befindet sich neben aktiven Satelliten auch sehr viel Weltraumschrott. Schrottteile ausgedienter Satelliten, Raketenoberstufen sowie Fragmente durch Kollisionen sind eine Gefahr für die Raumfahrt.

Credit: ESA

Wie ein Satelliten-Ausfall unser Leben lahmlegen könnte

Satelliten im Weltraum sind für uns von entscheidender Bedeutung, doch nur wenigen ist die volle Tragweite ihrer Wichtigkeit wirklich bewusst. Was würde passieren, wenn durch einen unglücklichen Vorfall ein Teil dieser technischen Meisterwerke ausfallen würde?

Dr. Walther Pelzer, Vorstandsmitglied des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), warnt: „Ohne zuverlässige Satellitendaten würde uns ein Chaos drohen. Der weltweite Transport von Personen und Gütern – ob zu Land, auf Wasser oder in der Luft – wäre stark beeinträchtigt. Auch die Synchronisierung unserer zunehmend dezentralen Energieversorgung wäre unmöglich. Ohne die präzisen Zeitsignale der Satelliten würden ganze Stromnetze ins Wanken geraten.“

Die Auswirkungen eines Satellitenausfalls wären gravierend:

  • Wettervorhersagen könnten nicht mehr getroffen werden.
  • Ernteprognosen wären nicht mehr möglich.
  • Geldabhebungen am Automaten wären ohne Zeitsynchronisation unmöglich.
  • Navigationssysteme könnten teilweise oder sogar komplett ausfallen.

Bei TOMO arbeiten wir an der Weiterentwicklung des TOMO-GMP-Antriebs, der künftig als Satellitenantrieb eingesetzt werden soll. Dieser innovative Antrieb verdoppelt nicht nur die Nutzungsdauer eines Satelliten, sondern sorgt auch dafür, dass er sicher in die Erdatmosphäre zurückgeführt werden kann. So verhindern wir den gefürchteten Satellitenschrott-Unfall und seine potenziell katastrophalen Folgen.

Mobilität der Zukunft: Fortbewegung ohne Abfälle und Emissionen?

Was der GMP-Antrieb für unsere Zukunft bedeutet.
Die Bedeutung einer Revolutionären Antriebstechnologie.

Mit wenigen Ausnahmen verbrauchen herkömmliche Antriebssysteme kostbare Rohstoffe, die oft nicht nachhaltig gewonnen werden können. Unsere Mobilität basiert auf Ressourcen, die nicht nur endlich sind, sondern bei ihrer Nutzung häufig auch schädliche Abfallstoffe und Giftstoffe freisetzen.

Zum Vergleich: Segeln ist ein nahezu „perfektes“ Beispiel für eine nachhaltige Fortbewegung. Der Wind wird als Energiequelle genutzt, und abgesehen vom Bau der Segel fallen weder Abfälle noch Emissionen an. In eine ähnliche Richtung zielt der GMP-Antrieb (Generic Magnetic Propulsion) von TOMO. Diese innovative Technologie benötigt für die Herstellung der Antriebseinheit nur minimale Ressourcen, und im Betrieb wird sie von Energie gespeist, die aus Sonnenstrahlung gewonnen werden kann. Der GMP-Antrieb ist nicht nur abfall- und emissionsfrei, sondern auch wartungsfrei und extrem langlebig. Ein nahezu „perfekter“ Antrieb.

Bereits heute findet der GMP-Antrieb Anwendung im Weltraum, beispielsweise als Satelliten-Antrieb, sowie auf dem Wasser in selbstfahrenden Drohnen, Robotern oder Messstationen. Mit der Weiterentwicklung dieser begeisternden Technologie könnte sie bald auch in Flugzeugen und anderen Fahrzeugen eingesetzt werden – und das Potenzial haben, die Mobilität der Zukunft nachhaltig zu prägen.

Und nun eine Frage an Sie: Was glauben Sie, welchen Stellenwert die GMP-Antriebs-Technologie für eine nachhaltige und zukunftsfähige Entwicklung spielen wird?

Ein Antrieb, der nahezu ‚perfekt‘ ist!

Große Wachstums Chancen im Mikro-Satelliten Markt

Microsatelit mit Tomorrow's Motion GMP-Antrieb, ConceptSatelit

Techniker arbeiten an der Montage eines modularen Mikrosatelliten (KI-generiertes Konzept)

Die Anzahl der Mikro-Satelliten, die in den kommenden Jahren ins All gestartet werden, nimmt rasant zu: Experten prognostizieren über 5000 Starts pro Jahr. Diese kompakten Satelliten, die eine geringe Größe wie etwa die Größe eines Schuhkartons haben, werden vor allem für Forschungszwecke und wissenschaftliche Untersuchungen genutzt. Dank ihrer geringen Kosten bieten sie Industrieunternehmen eine effiziente Möglichkeit, Forschungsprojekte unter den besonderen Bedingungen der Schwerelosigkeit durchzuführen. Die wachsende Nachfrage zeigt, wie bedeutend Mikro-Satelliten für die Weiterentwicklung von Wissenschaft und Technologie geworden sind.

Ein entscheidender Nachteil von Mikro-Satelliten ist das Fehlen eines eigenen Antriebs – eine Konsequenz der begrenzten Platz- und Kosteneffizienz. Nach Abschluss ihrer Mission, die je nach Umlaufbahn zwischen 6 und 24 Monaten dauert, bleiben sie als funktionslose Objekte im All zurück. Dies erhöht das Risiko von Kollisionen mit anderen Satelliten und stellt eine wachsende Herausforderung für die Raumfahrt dar. Die Frage nach nachhaltigen Lösungen für den Umgang mit solchen Weltraumtrümmern gewinnt daher zunehmend an Bedeutung.

Der TOMO GMP-Antrieb ist die derzeit einzige praktische- und kostengünstige Antriebstechnologie der für Mikro-Satelliten in Frage kommt. Der Antrieb nutzt die elektrische Energie, die von den ohnehin üblichen Solarzellen des Satelliten bereitgestellt wird, um Steuerungen und Korrekturen der Umlaufbahn vornehmen zu können und lässt die Einsatzdauer eines Mikro-Satelliten um mindestens das Vierfache verlängern.

Darüber hinaus ermöglicht er eine sichere Entsorgung (Deorbiting) des Satelliten nach Abschluss seiner Mission, wodurch das Risiko von Weltraummüll erheblich reduziert werden kann.

Vorbereitungen und Planung der Weltraumversuche

TOMO plant, drei verschiedene Antriebsversuche im Weltraum durchzuführen. Zwei Antriebsvarianten der magnetisch basierten Antriebstechnologie (GMP), sowie ein Richtungssteuerungsexperiment. Um die Testsicherheit zu erhöhen, ist zudem geplant, den GMP-Hauptversuch in zweifacher Ausführung einzubauen.

Die Planungs- und Verhandlungsgespräche mit dem Satellitenhersteller haben schon in November 2024 begonnen und werden im Januar 2025 weitergeführt.

Neues Software-Update beschleunigt Entwicklung signifikat

Umfangreichere und schnellere Analyse der Messdaten aller GMP-Antriebsversuche

In den letzten vier Wochen wurde die Art und Weise der Messwert-Speicherung und Messwert-Analyse der GMP-Versuchsantriebe cloudfähig gemacht. Damit erreichen wir, wo immer und wann immer Experimente und Versuche mit dem GMP-Antrieb durchgeführt werden, das ein einheitlicher und kompletter Datensatz in eine nur für TOMO zugängliche Cloud gespeichert wird. Bisher wurde nur ein reduzierter Datensatz der Messwerte lokal auf dem für die Versuchsdurchführung verwendeten PC gespeichert.

Das neue Software-Update verfügt nun auch über ein automatisches Reporting und ein Messdatenanalysesystem. Der große Vorteil ist, dass die Messdaten von allen Betriebsversuchen, ganz gleich in welchem Versuchslabor oder externen Versuchsfeld diese generiert wurden, sofort und teilweise auch schon aufbereitet für das TOMO-Ingenieurs-Team (für die TOMO-Versuchsstätten in Deutschland, Schottland, und jetzt auch in Australien) in Echtzeit zur Verfügung stehen.

Dadurch wird die Forschungs- und Entwicklungsarbeit spürbar beschleunigt, und in der Aussagekraft umfangreich verbessert. Ab sofort werden alle erfassten Messdaten dauerhaft gespeichert – mit über 100 vollständigen Datensätzen pro Sekunde. Dadurch entsteht die Möglichkeit, zu einem späteren Zeitpunkt Datenanalysen durchzuführen, die ursprünglich nicht vorgesehen waren.

Der nächste Schritt in der Softwareentwicklung wird das Einführen von Künstlicher Intelligenz sein, um die gesteckten Ziele der Effizienz-Steigerung schneller zu erreichen.